Walter Moers: Das Einhörnchen, das rückwärts leben wollte

29.10.2024 09:04
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20 zamonische Flabeln

Das Einhörnchen, der Ubufant, der Reißwolf, das Schmiegehäschen, der Birkenfuchs, der Schuhu, der Laubwolf – Zamoniens Tierreich ist vielgestaltig und artenreich. Kein Wunder, dass sich auch in diesem Fantasieland eine literarische Form entwickelt hat, die wir auch hierzulande kennen. Sprechende Tiere, die in meist allegorischen Geschichten eine Botschaft vermitteln sollen – die Fabel. Die zamonischen Fabeln sind aber, wie könnte es auch nicht sein sein, etwas anders gestrickt. Erstens sollen sie den Leser zum Lachen bringen und zweitens sind sie meist ein wenig dunkler gefärbt als man es von Äsop oder La Fontaine gewohnt ist., darum werden sie auch aus Grün den der Unterscheidbarkeit „Flabeln“ genannt. Der zamonische Großschriftsteller Hildegunst von Mythenmetz hat sich natürlich auch in dieser Literaturgattung betätigt und sein treuer Übersetzer Walter Moers hat seine Werke wieder ins Deutsche übersetzt. Und so lernen wir den Werwolf, der ein Wiewolf sein wollte kennen, die Dummwölfe und den Schlaufuchs, die fleischfressende Pflanze, die vegetarisch werden wollte und bekommen in einer Variation einer bekannten Fabel von einem Biber und einem Kristallskorpion eine Lektion in Kapitalismus.

Um die Wartezeit auf einen neuen großen Zamonien-Roman (zuletzt: Walter Moers: Die Insel der Tausend Leuchttürme) zu verkürzen, präsentiert Moers seiner großen und treuen Leserschaft eine kleine Fingerübung. Die oft nur wenige Seiten langen Flabeln sind wie üblich flott geschrieben und liebevoll illustriert (diese Schraffuren!) und bieten meist ein überraschendes, oft grausames Ende. Auch wenn die Flabeln den selbst auferlegten Kriterien, stets sieben Schmunzler, drei Lacher und eine Scherzfigur enthalten zu müssen, nicht immer gerecht werden, besticht Moers wieder mit seiner hemmungslosen Fantasie und seiner Fabulierlust. Ein schönes, kurzes Buch, das allerdings den Appetit auf mehr aus Zamonien eher anfacht als stillt.


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