W. E. B. Du Bois: Along the color line – Eine Reise durch Deutschland 1936

23.11.2022 14:17
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William Edward Burghardt Du Bois (1868 – 1963) entstammte einer seit mehreren Generationen freien schwarzen Familie in Massachusetts. Er studierte zuerst in Nashville, wo er mit dem Rassismus der Südstaaten konfrontiert wurde, dann in Harvard, später in Berlin und Heidelberg (unter anderem bei Max Weber). Er war der erste Afroamerikaner, der in Harvard promovierte. Nach seinem Studium entwickelte er eine rege Publikationstätigkeit, er war Gründungsmitglied der National Association for the Advancement of Coloured People und wurde im Laufe der Jahre zu einer der prägenden Figuren der Bürgerrechtsbewegung. In späteren Jahren relativierte er den Holocaust mit Hinweis auf die Kolonialverbrechen Europas, was ihn viele Sympathien kostete. 1961 emigrierte er nach Ghana, wo er 1963, ironischerweise einen Tag vor Martin Luther Kings „I have a dream“-Rede, verstarb.

Zeit seines Lebens war Du Bois von Deutschland fasziniert, das er nach seinem Studium noch mehrmals bereiste. Er bewunderte Bismarck und verehrte Wagner, dessen Opern er bei jeder sich bietenden Gelegenheit besuchte. Im Jahr 1936 unternahm er eine mehrmonatige Reise durch Deutschland, über die er in wöchentlichen Artikeln in einer amerikanischen Zeitung berichtete. Er besuchte die Bayreuther Festspiele, schwärmte vom Deutschen Museum und den Bierlokalen in München und den Kunstsammlungen in Berlin, wo er auch die Olympischen Spiele besuchte. Erstaunt vermeldete er, dass ihm in all den Monaten so gut wie kein Rassismus entgegenschlug. Fast konnte man meinen, Du Bois wäre vom nazistischen Staat begeistert gewesen – da änderte sich die Tonalität und er begann hellsichtig und scharf die Judendiskriminierung zu kritisieren. Der Hintergrund: Du Bois fürchtete Repressionen und wagte es erst, dieses Thema anzusprechen, als er sicher sein konnte, dass diese Artikel erst erscheinen würden, wenn er Deutschland wieder verlassen hatte.

Diese Texte von Du Bois sind nun zum ersten Mal in deutscher Sprache mit einem informativen Nachwort und einer umfassenden Zeittafel über das Leben Du Bois´ in einem hübschen, schmalen Band erschienen. Lesenswert!


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