Alexander Münninghoff: Der Stammhalter – Roman einer Familie
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Johannes Münninghoff, aus den Niederlanden stammender Kaufmann, hat es in den 1930ern im lettischen Riga mit nicht immer ganz legalen Mitteln zu beträchtlichem Reichtum gebracht. Zwei Tage vor Kriegsbeginn flieht er mit seiner russischen Frau und den Kindern nach Den Haag, schafft es, etliches seines Vermögens zu retten und setzt seine Karriere auch unter deutscher Besatzung erfolgreich fort. Doch es gibt ein familiäres Problem: der älteste Sohn Frans sieht sich als Deutschbalte und will mit den „Krämerseelen“ in Holland nicht zu tun haben. Frans meldet sich freiwillig zur Waffen-SS, was zur dauerhaften Entfremdung vom Vater führt. Dabei ist es für Johannes durchaus nützlich, wenn er auf seinen im Krieg kämpfenden Sohn verweisen kann. Da aber Frans nunmehr als Erbe des Unternehmens nicht mehr in Frage kommt, konzentriert sich Johannes ganz auf den Stammhalter der Dynastie, Frans´ Sohn Alexander. Doch dessen Mutter, von der Familie wenig geachtet, flieht mit dem Jungen nach Deutschland. Die schwierigen Familienverhältnisse überdauern den Krieg und belasten die Sippe auch noch nach dem Tod des Patriarchen.
Wer glaubt, die eigene Familie sein dysfunktional, lasse sich durch diese Familiengeschichte des Journalisten und Schriftstellers Alexander Münninghoff eines besseren belehren. Es ist die Geschichte seiner eigenen Familie, die er hier in Romanform verarbeitet hat: der strenge, findige, clevere Geschäftsmann Johannes war sein Großvater, der gegen den Vater rebellierende, unstete, wirrköpfige Frans war sein Vater und Alexander, der Stammhalter, um den eine bizarre Rangelei entbrannte, das war er selbst. Dabei ist es Münninghoff hoch anzurechnen, dass in seiner Schilderung dieser toxischen Konstellation nur wenig Bitterkeit zu bemerken ist. Seine Figuren sind Getriebene, die aus ihrer jeweiligen Sicht keine andere Wahl haben, als so zu handeln, wie sie es eben tun – auch wenn die Konsequenzen ihrer Handlungen immer wieder Hoffnungen und Beziehungen zerstören. Tolstoi hatte schon recht mit seinem Satz, dass jede Familie auf ihre Art unglücklich ist – diese Familie ist es auf besonders eindrucksvolle Art. Dass das auch noch gut geschrieben ist, macht dieses Buch zu einer seltsam packenden Erfahrung.
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