empfehlenswerte Kinder- und Jugendbuchliteratur

04.12.2022 15:26
#1
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Mit Sicherheit hat jeder Mensch, der gerne liest, in der Kindheit oder auch in der Jugendzeit ein oder mehrere Bücher gelesen, die einen enormen, prägenden Einfluss hatten. in diesem Sinne wäre es doch erstrebenswert, einen Ort zu haben, wo man diese wertvolle Literatur anderen Menschen weiterempfehlen kann.

Dies wäre so ein Ort.


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04.12.2022 15:41
#2
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Astrid Lindgren ist wohl eine der bekanntesten Kinderbuchautorinnen der Welt. Die Schwedin hat in zahlreichen Romanen sowohl ihre eigene Kindheit als auch die Kindheit ihrer Kinder aufgearbeitet.

Ein einzelnes Buch will ich gar nicht empfehlen, denn alle Bücher, die ich von ihr las, waren empfehlenswert. Welchem soll man da den Vorrang einräumen?
Für mich war "Wir Kinder aus Bullerbü" sicherlich prägend, da meine Mutter mir daraus vorlas und ich danach, begeistert von Astrid Lindgrens Geschichten, selbstständig die Streiche von "Michel aus Lönneberga" nachlesen wollte. Auch "Ronja Räubertochter" und "Die Brüder Löwenherz" habe ich, als ich älter wurde, geliebt. So hat wohl jeder seine Vorlieben.

Ein netter Nebeneffekt der intensiven Lektüre Lindgrens war, dass ich mir einen Schreibstil als Kind aneignete, der sich deutlich an dem Schreibstil der Autorin orientierte. Man kann über die Frage, ob Lindgren in 20 Jahren noch zeitgemäß ist, sicherlich heftig diskutieren, aber Fakt ist, dass diese Frau einen unglaublich guten Erzählstil hatte, der heutzutage, da die Zeiten immer hektischer werden, seltener geworden ist.


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04.01.2023 15:57
#3
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Otfried Preußler ist durch zahlreiche lesenswerte Bücher bekannt geworden: Der Räuber Hotzenplotz, die Kleine Hexe, der kleine Wassermann, das kleine Gespenst uvm. Besonders möchte ich seinen Roman "Krabat" loben, der nicht umsonst als Schullektüre herangezogen wird.

Warum gerade "Krabat"?

- jedes Kind möchte einmal im Leben wie ein Vogel fliegen können oder aber zaubern können
- Krabat spielt während des 30-jährigen Krieges, also in der Frühen Neuzeit. Dadurch wird zum einen den Kindern indirekt historisches Wissen über eine längst vergangene Zeit vermittelt. Zum anderen bekommt "Krabat" dadurch eine märchenhaft-düstere Stimmung, die es zum Lesen für ältere Kinder interessanter macht
- diese Atmosphäre wird durch die symbolische Thematik der Rabenvögel verstärkt: die einen faszinieren sie, den anderen flößen sie Angst ein und in jedem Fall wird hier mit christlich-nordischen Motiven der Rabenvögel gespielt, die den Kindern Nahe gebracht werden
- den Kindern wird früh beigebracht, wie folgenreich und fatal Verträge sein können. Bezüge zur modernen Arbeitswelt sind möglich: Wie ein moderner headhunter wird Krabat von dem Meister verfolgt; ihm wird ein scheinbar verführerisches Angebot unterbreitet (Logie und Kost, ein Handwerk wird ihm beigebracht) und die eigentlichen Folgen des Vertrages (Schwarze Magie als zweites Handwerk, Verlust von Freiheit, Selbstbestimmung, Leben, Partnerwahl) werden erst später offenbart
- die Moral des Romans ist knapp und fügt sich gut in die zentrale Botschaft vieler Kindermedien (egal, ob im Buch oder im Film) ein: Liebe ist stärker als böse Kräfte. Das ist gerade an der Schwelle zum Erwachsenenalter eine Botschaft, die viele Kinder aus den Augen verlieren, wenn sie den Schonraum der Kindheit hinter sich lassen.

Natürlich gibt es noch weitere Gründe, die für diese Lektüre sprechen, durch ich denke, diese hier sprechen bereits für sich.


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09.01.2023 20:07
#4
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Liebe Alena,

zunächst einmal vielen Dank, dass du uns einen persönlichen Einblick in deine liebsten Kindheitslektüren geschenkt hast. Ich finde es sehr spannend zu erfahren, mit welchen Geschichten andere Leser:innen groß geworden sind. Schließlich wird man durch die Bücher der Kindheit und Jugend maßgeblich geprägt. Ich stimme absolut mit dir überein, was die Bücher von Astrid Lindgren betrifft (Vielleicht auch deshalb, weil wir beide gleichaltrig sind?). "Pippi Langstrumpf" war das erste Buch, das offiziell mir gehörte. Zuvor hatte ich oftmals die Bücher meiner Mutter gelesen. Darunter zählten z. B. die "Hanni und Nanni"-Reihe und "Der Trotzkopf". Rückblickend fällt mir auf, dass ich mich schon seit meinen ersten Leseerfahrungen für starke weibliche Charaktere interessiert habe, die ihren eigenen Weg gehen. Das hat sich bis heute nicht geändert: Es inspiriert mich nach wie vor insbesondere die emanzipatorische Frauenliteratur.
Als Buchhändlerin habe ich mich zugegebenermaßen im Verkaufsprozess häufig dabei erwischt, wie ich vorzugsweise auf die Klassiker zurückgreife, anstatt Neuerscheinungen zu empfehlen. Es ist nicht so, als gäbe es keine qualitativ hochwertigen neuen Kinderbücher - man denke nur an Liliane Susewind, Snöfried, "Die Schule der magischen Tiere" u.v.m. Doch neuere Geschichten haben es nicht leicht, sich gegen die Klassiker zu bewähren, weil diese sehr tief im kollektiven Bücher-Bewusstsein verankert sind. Wer kennt sie nicht, die Raupe Nimmersatt? Die Zeit wird zeigen, was wir unseren Kindern und Enkelkindern vorlesen werden. Es liegt in unserer Hand, welche Werke wir zu Klassikern werden lassen. Es bleibt also weiterhin spannend ...


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13.01.2023 16:29
#5
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Liebe Gabi,

danke für deine Rückmeldung!
Ja, die Problematik zwischen den bereits bekannten Buchklassikern und den Neuerscheinungen fiel mir auch bereits auf. Bisher habe ich ja nur allseits bekannte Kinder- und Jugendbücher benannt.
Spontan fallen mir folgende Werke ein, die wahrscheinlich kollektive Kinderklassiker werden könnten oder es bereits sind:
John Boyne - Der Junge im gestreiften Pyjama
Andreas Steinhövel - Rico, Oskar und die Tieferschatten
Louis Sacher - Löcher
John Green - Das Schicksal ist ein mieser Verräter
J. K. Rowling - Harry Potter

Wenn man bedenkt, dass einige Werke schon recht lange existieren, dann erkennt man die Problematik umso mehr. Es dauert einfach, bis sich gezeigt hat, ob ein allseits beliebtes Werk nur einem bestimmten Zeitgeist entspringt und nach 20 Jahren keiner mehr dieses Werk lesen will oder, ob es sich hierbei doch um etwas handelt, was in hundert Jahren noch aktuell und beliebt ist.
Wie lange werden die Kinder noch "Wir Kinder aus Bullerbü" lesen? Es ist die Kindheit meiner Urgroßeltern, die dort so treffend und schön dargestellt wird. Wann ist ein Buch von Enid Blyton, das ganze Generationen glücklich machte, noch zeitgemäß? Wird es überhaupt ein Verlust sein, wenn es bestimmte Bücher nicht mehr im Kanon gibt und andere, neuere werke, den Platz einnahmen?

Anders gefragt: Welcher Erwachsener vermisst den oft vergessenen Lyriker Klopstock, dessen Name nicht nur die Figur Werther in Goethes Roman in positive Gefühlswallungen immenserer Art versetzte?


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16.01.2023 17:43
#6
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Viele der genannten Bücher sind ja auch Schulbuchlektüre. Daher denke ich, dass insbesondere Lehrpläne in Schulen großen Einfluss auf die Entstehung von Klassikern haben. Ob sich diese Bücher außerhalb der Schule etablieren, hängt sicherlich davon ab, welche Interessen und Werte die Gesellschaft hat. So wie sie selbst im Wandel ist, gibt es auch Veränderungen im Literaturkanon, auch wenn sie sich schleichend vollziehen. Vor kurzer Zeit noch waren die Karl-May-Bücher absolute Lieblingsklassiker, größtenteils für die männliche Leserschaft, und plötzlich hat sich ein kritisches Bewusstsein gegenüber den Inhalten und Formulierungen entwickelt (diese Thematik wird ja schon an anderer Stelle diskutiert). Man muss nicht alles direkt verteufeln, sondern kann ja auch kritische Ausgaben herausbringen. Wie dem auch sei ... Kinderbücher können meiner Ansicht nach durchaus zum zeitlosen Klassiker werden, wenn sie die Sprache der Kinder sprechen, berühren und reich an Bildern sind und die Phantasie anregen.
P.S.: Ich vermisse Klopstock :-D!


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20.01.2023 13:58
#7
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Ich denke, da hast du es schön auf den Punkt gebracht.


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