Peter Henning: Bis du wieder gehst

30.11.2022 15:03
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Henry Kaplan ist Antiquar, glücklich verheiratet und lebt im beschaulichen Schwarzwald. Eines morgens weckt ihn ein Anruf der Uni-Klinik Frankfurt: seine Mutter hatte am Frankfurter Bahnhof einen Herzanfall und liegt nun auf der Intensivstation. Eher unwillig macht sich Henry auf, denn seine Mutter hatte ihn als kleinen Jungen Hals über Kopf verlassen. Der Vater war weg, die Großmutter auch keine große Hilfe und so ist Henry vorwiegend im Heim aufgewachsen, eine Zeit, an die er sich ungern erinnert. Von seiner Mutter hatte er das letzte Mal vor 10 Jahren gehört und eigentlich gehofft, der Kontakt wäre endgültig abgebrochen. Und jetzt steht er vor ihrem reglosen Körper am Intensivbett, verbringt einige Tage in ihrer Wohnung, stöbert in Erinnerungsstücken und unterhält sich mit dem Nachbarn, der große Stücke auf sie hält. Für Henry wird der Aufenthalt zur schmerzhaften Reise in die Vergangenheit.

Peter Hennings Roman dürfte dem Klappentext zufolge zumindest Spuren an Autobiographischem enthalten. Es geht um eine schwierige Mutter-Sohn-Beziehung, um den Versuch, verletzende Handlungen zu verstehen und um die Möglichkeit oder Unmöglichkeit der Vergebung. Das sind große Themen und in vielen, durchaus bewegenden Passagen des Romans spürt man die persönliche Betroffenheit des Autors. Aber wie schon in Hennings umfangreichen Roman „Die Tüchtigen“ (Rezension hier: Peter Henning: Die Tüchtigen) muss man leider feststellen, dass Henning einfach keine Dialoge schreiben kann. Beinahe jeder Dialogsatz endet mit einem Rufzeichen, seine Figuren sind ständig am Deklamieren. Das schmälert leider den positiven Eindruck, den man als Leser aufgrund der emotional packenden Thematik hat, beträchtlich. Schade, denn ein strengeres Lektorat hätte diese stilistischen Mängel leicht beheben können.


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