Francois Emmanuel: Der melancholische Mörder.

10.02.2023 07:04
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Leonard Gründ ist auf Arbeitssuche. Eine Stellenanzeige verhilft ihn zu einem Job bei einer Detektei, wo er der Privatsekretär des Inhabers wird. Die Arbeit ist langweilig, banal, erscheint häufig völlig sinnlos. Aber er erledigt seine Aufträge gewissenhaft, sein Chef ist zufrieden mit ihm. Und dann lebt in dem Haus noch Helena Lawson. Lebenslustig, undurchsichtig, in welchem Verhältnis steht sie zu Anatol Stukowski, dem Inhaber der Detektei?

Helena flirtet mit Leonard, verführt ihn und Anatol erteilt ihm den Auftrag, Abimael Green aufzuspüren, vermutlich in einer Absteige, die sich Paradise Loft nennt. Dort trifft Leonard auf eine Gruppe außergewöhnlicher Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen in diesem Asyl der Verlorenen gelandet sind. Nur Abimael Green ist anderweitig unterwegs, ihn umweht eine Aura des Geheimnisvollen. Warum soll Leonard ihm einige Tropfen aus dem Fläschchen, das ihm Anatol mitgegeben hat, in ein Getränk geben und was passiert dann?

Schließlich begegnet Leonard Abimael, der sich in Begleitung einer jungen Indianerin befindet und erkennbar der alltäglichen Wirklichkeit entrückt ist. Er leidet unter Gedächtnisverlust, wie sich herausstellt, und gemeinsam machen sie sich Gedanken darüber, warum er offensichtlich umgebracht werden soll. Gründ verschafft sich Zugang zu den Unterlagen in Stukowskis Büro, um die Auftraggeber des Mordes herauszufinden. Langsam kommt Licht ins Dunkel.

Am Ende der Geschichte gibt es einen Toten, wenn auch auf einigermaßen ungewöhnliche Weise.

Der Versuch, eine stringente Handlung nachzuerzählen muss misslingen, denn das Geschehen mäandert durch ungezählte angedeutete Zitate aus Literatur, nicht nur des Krimigenres, und Kulturgeschichte mit Auswüchsen ins Bizarre und Phantastische. Es ist keine Dekonstruktion des Kriminalromans mit den eigenen Mitteln, es ist überhaupt kein Kriminalroman, er tarnt sich nur als solcher. Bislang der unterhaltsamste und lesenswerteste Text in diesem Jahr.


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