Peter Carey: Mein Leben als Fälschung.

11.04.2024 06:35
#1
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Die englische Herausgeberin einer Lyrikzeitschrift, Sarah Wode-Douglass, wird von dem Erfolgsautor John Slater als Mitreisende nach Kuala Lumpur eingeladen. Slater ist ein etwas aus den Fugen geratener Frauenheld mit undurchsichtigen Beziehungen zu Englands Inlandsgeheimdienst MI5. Sarahs Interesse wird durch einige mysteriöse Bemerkungen Slaters geweckt und sie reisen nach Malaysia.

Bei einem Spaziergang zur Erkundung der näheren Umgebung beobachtet Sarah einen alten heruntergekommen Mann in einer Fahrradwerkstatt, der Rilke liest. Slater erklärt, dass es sich dabei um den australischen Dichter Christopher Chubb handelt, der vor Zeiten in einen Skandal verwickelt gewesen ist und, um den Folgen zu entkommen, nach Kuala Lumpur geflohen ist. Chubb hatte David Weiss, einem ambitionierten Herausgeber einer Literaturzeitschrift, Gedichte eines Bob McCorkle zukommen lassen, die dieser begeistert veröffentlichte. Chubb hatte die Gedichte - eine Ansammlung von Plattitüden - selbst geschrieben und den Fahrradmechaniker McCorkle erfunden, um den Niveauverfall moderner Lyrik anzuprangern und David Weiss bloßzustellen, der auf seinen Fake hereingefallen war. Nachdem Chubb selbst dafür gesorgt hatte, dass die Fälschungen aufflogen, kam es zum Prozess gegen David Weiss, der sich in der Folge des Skandals umbrachte.

Doch da taucht Bob McCorkle als leibhaftige Gestalt auf und bedrängt Chubb, durch eine Geburtsurkunde seine Existenz zu legitimieren. Noussette, eine selbstbewusste, aber auch etwas undurchsichtige junge Frau, mit der Chubb inzwischen eine nicht ganz klar zu definierende Beziehung eingegangen ist, besorgt über Slater, der seine Beziehungen aus Geheimdienstkreisen spielen lässt, eine solche Urkunde.

All das erfährt Sarah aus Erzählungen Slaters, aber auch Chubb, der eines Tages in dem Hotel aufgetaucht ist, in dem Sarah und Slater wohnen, trägt seinen Teil dazu bei. Vor allem aber lockt er Sarah mit einem Stapel Gedichten, die angeblich von McCorkle stammen. Doch bevor sie Zugriff auf das Manuskript bekommen soll, muss sie sich die weitere Geschichte Chubbs anhören und die wird immer wilder. Noussette bekommt eine Tochter, von der Chubb überzeugt ist der Vater zu sein, die jedoch nach wenigen Jahren von McCorkle entführt wird als Rache für seine unvollständige Existenz. Chubb versucht sie aufzuspüren, es wird eine Jagd über Kontinente und für viele Jahre, ein Hindernis irrwitziger als das Vorherige.

Und am Ende? Bekommt Sarah das Manuskript und Chubbs seine Tochter? Kann McCorkle seine Rache vollenden und gibt es ihn überhaupt außerhalb Chubbs Vorstellungen? Welche Rolle spielte und spielt Slater bei dem Ganzen? Wer es wissen will, sollte dieses verrückte und rasant geschriebene Buch einfach selbst lesen.

Übrigens ließ sich Carey von einem ganz ähnlichen Fake inspirieren, der sich in den 40er Jahren in Australien zugetragen hatte. Dem Buch vorangestellt ist ein Zitat aus Mary Shelleys „Frankenstein“, eine gute Vorbereitung auf diese eigenwillige Variante eines klassischen Motivs. Ein geschickt konstruiertes Netz aus Illusionen, Täuschungen und Erwartungen, das immer wieder für Verblüffung sorgt.

Peter Carey (*1943) ist ein australischer Schriftsteller, der zweimal den Booker Prize und dreimal den Commonwealth Writers' Prize verliehen bekam.

Peter Carey:
Mein Leben als Fälschung.
Aus dem Englischen von Regina Rawlinson.
S. Fischer Verlag 2004, 286 Seiten, ISBN 3-10-010226-6


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12.04.2024 14:54
#2
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Das klingt wirklich nach etwas für mich!

(Aber wiedermal fällt mir auf, wie schwer zu lesen die helle Schrift in diesem Forum ist, gerade wenn Absätze länger werden, schade! *zwinker*)


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12.04.2024 23:39
#3
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Botschaft angekommen! Ich mach da was ..


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13.04.2024 06:08
#4
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Zitat von Brigitta Vander im Beitrag #2
Das klingt wirklich nach etwas für mich!


Daran hatte ich auch gedacht, nachdem du dich damals zu Christine Wunnickes "Die Kunst der Bestimmung" ähnlich geäußert hattest. Ich finde es schön, wenn man immer wieder mal stutzt und überlegt, wie das alles zusammen passt und sich fragt, ob es überhaupt zusammen passt. Diese durch und durch stimmigen Romane langweiligen mich schnell.


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16.04.2024 12:57
#5
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Zitat von Oliver Herzig im Beitrag #3
Botschaft angekommen! Ich mach da was ..

Cooooool!
Danke!


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17.04.2024 10:01
#6
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I live to serve! ;-)


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